Pandemie-Lehrpläne

 

Liebe Verantwortliche für die Schulen!

 

Mit Erschrecken stelle ich fest, dass gerade viele Kinder und Jugendliche pandemiebedingt im Schulstress abtauchen. Schon allein dieser Satz müsste hellhörig machen: Auf Grund der Pandemie tauchen junge Menschen ab – das scheint im Hinblick auf die sozialen Beschränktheiten unseres derzeitigen Lebens nachvollziehbar. Dass es aber der Schulstress ist, in dem die Schülerinnen und Schüler abtauchen, finde ich alarmierend. Ich kann alle Lehrpersonen verstehen, die es als Erfüllung ihrer Aufgabe sehen, ihren Schützlingen möglichst alle fachspezifischen Lehrplaninhalte beizubringen. Doch geht die Beschränkung auf die Lehrplanverpflichtungen meines Erachtens an der Verantwortung, die Lehrpersonen für ihre Schüler*innen tragen, vorbei: Wir erleben eine sich in die Länge ziehende Pandemie samt verheerenden Folgen im sozialen, wirtschaftlichen, auch psychischen Bereich. Nichts ist gerade mehr vonnöten als ein Füreinander-Einstehen, als das Gefühl des „Miteinander schaffen wir das“ und als die gemeinsame Suche nach einer für möglichst viele Menschen lebbaren neuen Normalität. Wenn Schüler*innen jedoch das Gefühl vermittelt bekommen, es gehe jetzt im Distance Learning nur darum, alle Inhalte aus den Hauptfächern sich so anzueignen, als gäbe es Corona nicht, prägen sich vor allem folgende Lerninhalte in den jungen Menschen ein: Es gilt, die Schwierigkeiten im Leben zu ignorieren und den Leistungsanforderungen – komme, was wolle – zu entsprechen. Und: Du verschwendest deine Zeit, wenn du dich mit dem, was die Krise mit dir macht, beschäftigst. Konzentriere dich auf deine Schulaufgaben und schau nicht nach links und rechts und schon gar nicht auf dich selbst.

 

Wo bleiben die musischen, kreativen, lustvollen Aufgaben in den Lernpaketen der Volksschüler*innen? Wo bleiben kreative Aufgabenstellungen an Schüler*innen-Onlineteams in den höheren Schulen? Wo bleiben die Zeiten und Anregungen für die Selbstreflexion in Bezug auf die persönlichen Auswirkungen der Krise? Wo bleiben die Aufrufe an die Schüler*innen, möglichst viel Zeit mit Bewegung an der frischen Luft zu verbringen?...

 

Ich glaube, es wäre an der Zeit, zur Entlastung von Schüler*innen UND Lehrer*innen Pandemie-Lehrpläne zu erstellen, in denen dem Wesentlichen des Lebens, nämlich der Solidarität und der Selbstfürsorge, mehr Platz eingeräumt wird. Möglicherweise hätte diese Krise dann sogar nachhaltige positive Auswirkungen auf die Schule und vor allem auf die Lehrpersonen und Schüler*innen, die gleichermaßen weniger im Stress abtauchen müssten.